200 Jahre Martinikirche in Sankt Andreasberg am 10.11.2011
Die Martinikirche in Sankt Andreasberg wurde am 10.11.1811 – dem Geburtstag des Reformators Martin Luther (10.11.1483-18.02.1546) – eingeweiht. Sie ersetzte damit die 1796 vollständig abgebrannte Dreifaltigkeitskirche, die an der gleichen Stelle stand.
Die erste Kirche in Sankt Andreasberg wurde 1537, 16 Jahre nach der ersten Bergfreiheit fertiggestellt. Die Kirchengemeinde in Sankt Andreasberg bestand zum größten Teil aus Bergleuten, die aus dem Erzgebirge in den Harz gekommen waren. Sie brachten die Lehre Martin Luthers mit in den Harz, und so war die Kirchengemeinde von Beginn an lutherisch.
Schnell wurde diese Kirche in der rasant wachsenden Stadt zu klein, sodass man die Kirche 1568 abriss und eine neue, größere an ihre Stelle setzte. 1796 erschütterte ein großer Brand die Bergstadt. Über die Hälfte aller Häuser wurden zerstört, darunter auch die Pfarrhäuser, die Schule und die Kirche. Glücklicherweise waren die meisten Häuser in Sankt Andreasberg bereits feuerversichert, so dass die Pfarrhäuser und die Schule schnell wieder aufgebaut werden konnten. 1798 wurde der jetzige lange Bau mit den Pfarrwohnungen und der Schule (dem heutigen Gemeindehaus) fertiggestellt. Das Kirchengebäude war aus Sparsamkeitsgründen nicht versichert, das rächte sich. Da die finanziellen Ressourcen für den Neubau einer Kirche nicht vorhanden waren, musste man sich mit einer Übergangslösung begnügen. Von 1796 bis 1811 fanden die Gottesdienste im Ludwiger Zechenhaus statt. Dieses Haus (Halde 18) wird bis heute noch „Alte Kirche“ genannt. Einem katholischen Beamten Napoleons ist es zu verdanken, dass die Mittel für den Neubau irgendwie aufgetrieben wurden. Wie Maire Bierwirth das schaffte wissen wir nicht mehr, da die Schlussrechnung für den Kirchenbau verschollen ist. Berthold Mühlenpfordt bekam den Auftrag einen Entwurf anzufertigen. Er konzipierte einen hellen und schlichten Bau im klassizistischen Stil. Der einzige Schmuck sind drei Deckengemälde. Im Altarbereich wird das Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern dargestellt. In der Mitte als Versammlungsplatz der Getauften Jesu Taufe durch Johannes dem Täufer am Jordan. Und über der Orgel der singende David mit seiner Harfe.
Die hinter dem Altar befindliche Winterkirche wurde in ihrer jetzigen Form Anfang der achtziger Jahre eingerichtet. Neben ihrer Funktion als Ort für die Feier des Gottesdienstes ist die Martinikirche einer der Ausstellungsorte der Kunstausstellung „Mensch-Natur“ und eine Konzertkirche mit einer wunderbaren Akustik.
Die Kirchengemeinde Sankt Andreasberg wird mit dem ersten Bauabschnitt der Renovierung im Frühjahr beginnen, d.h., dass mit dem Dach angefangen wird. Der zweite Bauabschnitt ist dann die Außenfassade. Für die Innenrenovierung ist die Kirchengemeinde selber zuständig. Wir freuen uns über Ihre Spende!
Leitbild der Ev.-luth. KirchengemeindeSankt AndreasbergWer sind wir?Die Martinigemeinde ist die Ev.-luth. Kirchengemeinde in der Bergstadt Sankt Andreasberg im Oberharz. Ihr gehören derzeit 1000 Menschen an. Bedingt durch den Strukturwandel im Oberharz sind zwei Drittel ihrer Mitglieder über 50 Jahre alt.
Sie versteht sich als Begegnungsort auf mehreren Ebenen: Im Leben der Kirchengemeinde treffen Tradition und das Interesse an neuen Möglichkeiten aufeinander, hier begegnen sich junge und alte Menschen, sie versteht sich in ihrer Arbeit – insbesondere mit ihrer Kindertagesstätte – als partnerschaftlicher Akteur im Gemeinwesen und arbeitet mit der politischen Gemeinde, der katholischen Kirchengemeinde, der Nationalparkverwaltung und den örtlichen Gemeinden zusammen.
Kennzeichen der Kirchengemeinde sind zum einen ein hohes Engagement ihrer ehrenamtlich aktiven Mitglieder und zum anderen familiäre Strukturen, die Menschen Heimat bieten. Dies geschieht im Miteinanderleben, im gemeinsamen Essen und Feiern.
Wo kommen wir her?Die Geschichte unserer Kirchengemeinde ist besonders durch ihren Standort in einer Bergstadt geprägt. Die Bergbautradition spielt noch heute im Leben unserer Gemeinde eine große Rolle. Die Kirche hat besonders in den Zeiten des Wandels, in Notzeiten und bei Katastrophen eine wichtige Bedeutung gehabt. Auch der Wandel der Infrastruktur, der bereits vor 150 Jahren einsetzte, das beständige Abnehmen der Bevölkerung haben Spuren im Ortsbild hinterlassen. Daraus resultiert die Rolle der Kirche als ein Ort an dem Tradition gepflegt wird und Wertbeständigkeit erfahren werden kann, insbesondere in Kooperation mit verschiedenen Vereinen. Dabei wird insbesondere zwischen den Generationen ein Miteinander erlebt, das auf gegenseitiger Wertschätzung basiert.
Was ist unsere Aufgabe, unsere MissionIn Jesus Christus hat Gott seine Liebe zu allen Menschen und zu seiner gesamten Schöpfung gezeigt. Unsere Aufgabe ist es, den Menschen in Sankt Andreasberg diese Frohe Botschaft nahezubringen, d.h.
· Indem wir vom Leben, Sterben und Auferstehen des Juden Jesus von Nazareth und der Verwurzelung seiner Geschichte in der Geschichte des Volkes Israels zu erzählen,
· indem wir miteinander Gottesdienst feiern, d.h. auf Gottes Wort hören, miteinander beten, taufen und Abendmahl feiern,
· indem wir eine sowohl offene als auch verbindliche Gemeinschaft leben und anbieten, unterschiedliche Menschen zusammenführen und ihnen Raum geben, ihre besonderen Fähigkeiten zu entfalten,
· indem Menschen durch uns konkrete Hilfe, Ermutigung und Beistand erfahren – sowohl in unserer Nähe als auch im Weltkreis,
· indem wir einen Lebensstil versuchen, der das Lebensrecht aller Geschöpfe Gottes ernst nimmt.
In Wahrnehmung dieser Aufgaben versteht sich die Kirchengemeinde Sankt Andreasberg im Sinn Dietrich Bonhoeffers als „Kirche für andere“[1] - „Kirche für andere“ sein bedeutet dabei immer „Kirche mit anderen“ sein.
Wo wollen wir hin?Von der biblischen Botschaft erzählen: Bereits jetzt nutzen wir unsere Möglichkeiten, Menschen unterschiedlichen Alters mit biblischen Erzählungen vertraut zu machen. Das geschieht im Rahmen der Arbeit unserer Kindertagesstätte, der Arbeit mit Kindern (insbesondere der Kinderferienwoche), in Schülergottesdiensten in Kooperation mit der Grundschule und in der regional verantworteten Konfirmandenarbeit. Wir nutzen die Möglichkeit, Andachten in weltlichen Rahmen zu feiern (etwa beim Hoffest, beim Wiesenblütenfest, beim Schützenfest) und dabei biblische Texte zur Sprache zu bringen.
Wir streben eine noch intensivere Vernetzung sowohl mit der örtlichen Grundschule als mit den ortsansässigen Vereinen an. Wir möchten in Zukunft Mut haben, auch brisante Themen im Licht der biblischen Botschaft ins öffentliche Gespräch zu bringen. Unser Reden soll sich dabei auf den Alltag der Menschen beziehen. Wir möchten die Kontaktflächen zu den Menschen, die in Sankt Andreasberg leben, erweitern.
Gottesdienst feiern: Bereits jetzt bieten wir eine breite Palette unterschiedlicher Gottesdienste an. Neben traditionellen Gottesdiensten gibt es Schülergottesdienste, musikalische Gottesdienste, Familiengottesdienste und einen Frühstücksgottesdienst anlässlich der Ausstellung „Natur Mensch“. In besonderer Weise pflegen wir die in der Tradition des Oberharzes wurzelnden Gottesdienste zum Johannistag und zum Bergdankfest.
Wir streben an, Gottesdienstformen zu entwickeln, zu denen auch der Kirche entfremdete Menschen Zugang finden und möchten unterschiedliche Menschen in die Gestaltung der Gottesdienste miteinbeziehen.
Gemeinschaft leben: Bereits jetzt bieten wir Raum für unterschiedliche Gruppen und Kreise, die von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eigenverantwortlich geleitet werden. Besonders herauszuheben sind dabei Angebote, die sich ohne besondere Voraussetzungen an alle Menschen richten, wie ein monatliches Sankt Andreasberger Frühstück und ein Kochtreff, in dem sich Kinder und alte Menschen begegnen können, so dass wir einmal in der Woche eine altersgerechte Veranstaltung anbieten können.
Wir streben an, Lebensformen zu entwickeln, in denen Menschen in Sankt Andreasberg ohne Angst alt werden, leben und sterben können „wo sie hingehören“ (Klaus Dörner). Wir suchen nach Formen, durch die wir Zugang zu jungen Familien, insbesondere auch armen Familien finden und setzen uns zum Ziel, generationenübergreifende Formen des Zusammenlebens vor Ort zu erarbeiten. Wir möchten Menschen ermutigen, ihre persönlichen Begabungen zu entdecken und sie in den Dienst des Gemeinwesens zu stellen.[2]
Ermutigung und Beistand geben: Bereits jetzt begleiten wir Menschen in Hausbesuchen und bieten Raum und Möglichkeit für das seelsorgerliche Gespräch. Mit der Diakoniekasse unterstützen wir Menschen in Notsituationen und bringen uns in Hilfenetzwerke (regionaler Diakoniefonds, Kirchenkreisdiakoniefonds) ein. Mit dem Weltgebetstag und der Unterstützung der Aktion „Brot für die Welt“ nehmen wir auch an der internationalen Bewegung für mehr Gerechtigkeit auf der Welt teil.
Wir streben an, unsere Rolle als hilfreicher Akteur im Gemeinwesen zu profilieren. Dabei wollen wir die weltweite Dimension der Gerechtigkeitsfrage nicht aus dem Auge verlieren. Eine besondere Herausforderung sehen wir darin, den Flüchtlingen, die in Sankt Andreasberg zu Gast sind, bzw. die in Sankt Andreasberg ein neues Zuhause suchen, gerecht zu werden.
Schöpfung bewahren: Durch die Teilnahme am „Grünen Hahn“ sind wir bereits jetzt dabei, ein Umweltmanagementsystem aufzu-bauen. Als Mitwirkende der jährlichen Ausstellung „Natur-Mensch“ in Zusammen-arbeit mit der Kommune Braunlage und der Nationalparkverwaltung Harz ist die Verbin-dung der Natur mit den Menschen ein Schwer-punktthema unserer Kirchengemeinde. Viele unserer Aktionen mit Kindern haben ebenfalls einen umweltpädagogischen Schwerpunkt.
Wir streben an, im Rahmen des Umweltmanagementsystems zu kontinuierlichen Verbesserungen im Bereich der Gebäudebewirtschaftung (Isolierung, Heizung), der Pflege der Grünanlagen und im Bereich der Mobilität zu kommen. Im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung wollen wir unsere bestehende Gebäudesubstanz erhalten. Auch im Alltag des Gemeindelebens – essen, trinken, reinigen, fahren – möchten wir das Lebensrecht aller Geschöpfe ernst nehmen.
Wie gehen wir auf unserem Weg miteinander und mit den Dingen um?
Was ist uns dabei wichtig?1.)Wir arbeiten inklusiv und generationengerecht. Wir tragen dafür Sorge, dass sich alle Menschen, die das wollen – ungeachtet ihres Alters und Geschlechtes, ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten, ihrer finanziellen Möglichkeiten – in der Kirchengemeinde Sankt Andreasberg einbringen können.
2.)Wir beteiligen Betroffene. Wir planen unsere Angebote nicht über die Menschen, die wir erreichen wollen, hinweg, sondern fragen sie nach ihren Wünschen, Fähigkeiten und Bedürfnissen.
3.)
Wir arbeiten ökumenisch und kooperieren im Gemeinwesen. Wir arbeiten mit Menschen anderer Konfessionen – und wenn es sich ergibt – anderer Religionen und Überzeugungen an gemeinsamen Zielen zum Wohle aller zusammen.
4.) Wir wertschätzen ehrenamtliches Engagement. Wir freuen uns über das ehrenamtliche Engagement der Menschen in der Kirchengemeinde Sankt Andreasberg. Wir sagen „Danke“, sorgen für Fortbildung und überfordern einander nicht.
5.) Wir bieten einen ansprechenden Raum für Gespräch und Begegnung. Wir sorgen dafür, dass sich Menschen in der Kirchengemeinde Sankt Andreasberg eingeladen und sich wohlfühlen können. Das bedeutet auch, dass wir unsere Angebote auf eine geeignete Weise bekannt machen.
6.) Wir arbeiten nachhaltig. Wir gehen mit den natürlichen Ressourcen, dem Engagement der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirchengemeinde Sankt Andreasberg und den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln der Kirchengemeinde Sankt Andreasberg achtsam um.
[1] Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, München 1977², 415f.
[2] Vgl. Elisabeth O’Connor, Kirche-nicht aus Stein gebaut, Kassel 1969 (Titel des Originals: Journey Inward, Journey Outward), 19: „Das
erste ist, daß der Mensch
sich selbst begegnet.“ Und 39:“ Doch der Weg nach innen ist nicht alles. Das andere ist der Weg in die Welt.“